Monega: "An den Rentenmärkten eröffnen sich 2023 wieder neue Chancen"
Christian Finke, Geschäftsführer der Monega KAG, über die Entwicklung an den Kapitalmärkten in 2023 und über Segmente, in denen Anleger in diesem Jahr wieder attraktive Renditen erzielen können.
Das zurückliegende Börsenjahr dürfte vielen Anlegern als besonders herausfordernd in Erinnerung bleiben. Am deutschen Aktienmarkt gab es zum Beispiel gleich drei scharfe Korrekturen, jeweils gefolgt von kräftigen Aufwärtsbewegungen, zuletzt in den Monaten Oktober/November. Zudem fielen die Rentenmärkte als Korrektiv der Aktienmärkte vollständig aus. Eine solche Achterbahnfahrt ist - sofern keine neuen geopolitischen Krisen aufkommen - für das neue Jahr zwar nicht zu erwarten, dennoch sind die Herausforderungen mit hohen Inflationsraten und bevorstehender Rezession nicht gerade klein. Sparpläne auf globale Aktienanlagen sind vor diesem Hintergrund nach wie vor eine gute Wahl. Auf der Rentenseite sind Anleihen mit guter Qualität und kurzen Restlaufzeiten wieder interessant für einen Einstieg.
Unser Ausblick im Einzelnen:
Aktienmärkte: Die Outperformance von Value-Titeln könnte sich fortsetzen
Im vergangenen Jahr haben wir eine Outperformance von Value-Titeln gesehen, die sich noch weiter fortsetzen könnte. Diese Entwicklung vollzieht sich geradezu lehrbuchmäßig, denn in einer Phase steigender Zinsen sind Value- und Dividendenwerte, deren Erträge dem Anleger schneller zur Verfügung stehen als bei Wachstumswerten, die erst in der Zukunft Erträge erwirtschaften, einfach im Vorteil. Die sogenannten High-Tech-Werte sollte man trotzdem nicht dauerhaft abschreiben. Spätestens wenn die Inflation gebrochen ist und die Fed eventuell sogar wieder über Zinssenkungen nachdenkt, könnten diese Titel wieder rasch Boden gutmachen.
Wenn wir nach Branchen differenzieren, dann haben zurzeit alle Unternehmen einen schweren Stand, die mit hohem Energie- und Ressourceneinsatz produzieren, also vor allem Industrieunternehmen, in Deutschland nicht zuletzt die Automobil- und Chemieindustrie. Vor dem Hintergrund eines wirtschaftlichen Abschwungs sind Unternehmen, die nicht zyklische Konsumgüter herstellen, wie etwa die Nahrungsmittelindustrie, im Vorteil. Nach Regionen betrachtet, sehen wir die USA vorn, weil hier die Anpassungsprozesse an die neue Zinswelt einfach schneller gehen. Die amerikanischen Indizes sind im laufenden Jahr stärker zurückgegangen als in Europa. Wir erwarten daher, dass auch die Erholung früher einsetzen wird. China hat sich in den letzten Jahren durch rigide Markteingriffe, mangelnde Transparenz und die missglückte Null-Covid-Politik selbst geschwächt, außerdem sehen wir volkswirtschaftlich erhebliche Fehlallokationen, etwa im Immobiliensektor. Die asiatischen Emerging Markets könnten dagegen von den strukturellen Problemen Chinas profitieren, mit zum Teil höheren Wachstumsraten und interessanteren Aktienmärkten als in China. In Japan weisen die Aktienunternehmen günstige Kurs-Gewinn-Verhältnisse auf, außerdem profitiert die Region von der nach wie vor expansiven Geldpolitik der Bank of Japan.
Zeitenwende an den Rentenmärkten
Während die Aktienmärkte tendenziell unter der veränderten Zinslandschaft leiden, dürften sich an den Rentenmärkten erstmals seit Jahren wieder neue Chancen eröffnen. Vor allem Unternehmensanleihen mit Investmentgrade-Rating, also solche die von den Agenturen mit AAA bis BBB- bewertet werden, halten wir für sehr interessant. Wenn wir davon ausgehen, dass die Welt nicht untergeht und dass wir zwar Rezessionsentwicklungen sehen, aber nicht in eine tiefe, lang andauernde Rezession abgleiten, dann sind Unternehmensanleihen ab einem Rating von BBB und besser hinreichend vor Ausfällen geschützt und stellen mit einer aktuellen Marktrendite von gut 3,5 Prozent eine interessante Alternative zu Aktien dar. Auch Produkte mit sehr kurzen Restlaufzeiten weisen aktuell eine interessante Marktrendite auf und sind für Anleger, die einfach in Ruhe die kommenden Entwicklungen abwarten wollen, eine echte Alternative. Bei Hochzinsanleihen, den sogenannten High Yields, stehen die Ampeln bei uns dagegen eher zwischen gelb und rot. Die emittierenden Unternehmen sind aufgrund hoher Verschuldungskennziffern die schwächsten in der Kette und leiden besonders unter den gestiegenen Refinanzierungskosten und den voraussehbaren konjunkturellen Schwierigkeiten. Europäische und US-Staatsanleihen sehen wir eher neutral, der US-Dollar dürfte gegenüber dem Euro seinen Höhepunkt schon hinter sich haben.
Wie sollten sich Anleger für 2023 positionieren?
Bestehende Aktienpositionen in den etablierten Märkten sollten gehalten werden, bei Neupositionierungen im Aktienbereich sehen wir die größten Chancen bei global anlegenden Produkten mit Schwerpunkt in den USA. Hinter unsere Empfehlung, bei Aktienanlagen auf Sparpläne zu setzen, kann man nur noch einmal ein dickes Ausrufezeichen setzen. Gerade hochvolatile Marktphasen wie im vergangenen Jahr lassen sich mit Sparplänen entspannt überstehen. Ansonsten halten wir Anleihen mit guter Bonität wieder für sehr interessant, zumal man nicht viel Zinsrisiko eingehen muss, um Anleihen mit 3,5 bis 4 Prozent Rendite, gerechnet auf die Endfälligkeit, zu finden.